Es gibt keine echten Freunde auf Facebook - Eine kritische Betrachtung

Es ist verkehrt, auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, es gäbe auf Facebook echte Freunde. Echte Freunde findet man im "richtigen" Leben und Facebook ist eine Plattform für Selbstdarsteller.

 

Warum man bei Facebook vergeblich nach Freunden sucht

Diesen Artikel bitte nicht falsch verstehen, denn ich bin kein Facebook Hater. Dennoch muss ich sagen, würde ich Facebook nicht auch zu beruflichen Zwecken einsetzen, so hätte es keinen besonderen Wert für mich. Die so genannten Freunde bei Facebook sind allenthalben Bekannte, manchmal auch nur ganz flüchtige Bekannte. Man vernetzt sich eben einfach, wenn man feststellt, das der Bekannte, Kollege, Nachbar, Freund, freundlich lächelnde Oberkellner, kompetente Automechaniker (...diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen) auch ein Facebook Konto hat.

Ist man deshalb gleich mit diesen Menschen befreundet? Kaum! Mittlerweile differenziert Facebook ja auch zwischen Freunden und Bekannten sowie Bekannten von Freunden. Zudem kann man komfortabel einzelne Gruppen, Bekannte oder Freunde von der Teilhabe am eigenen Leben auch ganz aussperren. Doch - welchen Zweck hat dann so eine Plattform noch?

Ist es nicht eher so, dass man "echte" Freunde im "echten" Leben findet. Freunde die beim Umzug helfen Kisten zu schleppen, Freunde mit denen man zusammen Klamotten kaufen oder in den Club geht, Freunde die den gleichen Humor teilen den man selbst auch hat? Zugegeben "echte" Freunde und Facebook Freunde schließen sich nicht zwangsläufig aus - aber wieviele aus deiner Freundesliste bleiben dann noch übrig? Ruhig mal überschlägig nachzählen.

 

Entlarvt - Ich bin der Star bei Facebook

Ist es nicht eher so, dass die soziale Plattform Facebook eher zur Selbstdarstellung genutzt wird. Bitte nicht vergessen, ich selbst nutze Facebook ebenfalls und bin auch ein "Kind des digitalen Zeitalters".

Dennoch, die mittlerweile allgegenwärtige Form des Ego-Exhibitionismus gab es zu früherer Zeit nicht in dieser ausufernden Art und Weise und sie verträgt sicherlich auch mal eine kritische Hinterfragung. Interessiert es mich mittlerweile wirklich, wer wann und wo sein Tellerchen leer gegessen hat - und vor allen Dingen was vorher auf besagtem Tellerchen lag? Ist es für mich wichtig zu wissen, dass ein ehemaliger Arbeitskollege gerade in den Flieger gestiegen und auf dem Rückflug von London nach Frankfurt ist? Interessiere ich mich für den neuesten Punktestand des Spiels "Ich-klick-die-bunten-Steinchen-weg" und ob Heidemarie oder Olaf das nächste Level erreicht hat? Habe ich wirklich keine anderen Dinge zu tun, als das Tun und Treiben entfernter Bekannter und ehemaliger Kollegen zu begutachten und zu beurteilen?

Natürlich ist es schön und gut zu wissen, aha der- oder diejenige ist noch am Leben und hat gerade Spaß. Wenn man aber wirklich befreundet wäre, wüsste man das schon längst und wäre vielleicht sogar Teil dieser vergnüglichen Runde - oder stünde seinen Freunden auch in eher betrüblichen Situationen persönlich zur Seite.

Facebook, hier nur exemplarisch für viele weitere Social Media Plattformen genannt, ist zu einer reinen Selbstdarstellungsplattform verkommen. Kaum ein Beitrag ohne Selfie, Essen auf mehr oder weniger gut fotografierten Tellern, Weisheiten und tiefgreifender Sprüche, Witze und lustige Videos - oder mittlerweile wieder groß in Mode gekommener GIF-Endlosschleifen (GIF's gab es schon zu CompuServe Zeiten, da war an ein Internet, wie wir es heute kennen noch gar nicht zu denken). Was mir bei Facebook fehlt ist ein "echter" Mehrwert - den suche ich schon seit Jahren dort vergeblich.

Was soll das?

Lieber Verfasser solcher Veröffentlichungen, was willst Du mir denn mitteilen? Möchtest Du mich zum Lachen bringen - Glückwunsch, das gelingt dir sogar hin- und wieder, manchmal finde ich deine Bildchen und Sprüche so genial, dass ich sie sogar mit meiner Gefolgschaft teile. Möchtest Du mich neidisch machen, auf dein neues, teures Auto, das ich in Rundumsicht in vollem Glanz betrachten kann - OK, du bist halt stolz darauf,  du zeigst mir Fotos von Reisen, die du dir leisten kannst und ich vielleicht nicht - mit Fotos vom Strand, Fotos vom Hotel, Fotos der vergoldeten Wasserhähne, Fotos wahnsinnig exotischer Tiere (die ich mir auch hier im Zoo ansehen könnte, wenn sie mich interessieren würden) - wieder Glückwunsch, auch dies gelingt dir von Zeit zu Zeit.

Dennoch frage ich mich in der letzen Zeit immer häufiger, wo du die Zeit hernimmst solche Beiträge zu verfassen, was du dir wohl dabei gedacht haben magst diesen oder jenen Beitrag zu posten und warum ich mir die Zeit nehme, dies zu betrachten und gedanklich aufzunehmen. Welchen Mehrwert hat das für mich? Weil du mir als Facebook Freund so wichtig bist? Kaum! Eher, weil es einfach ungefragt in meiner Timeline erscheint und ich durch Zufall darüber stolpere. Ich sehe Deinen Beitrag dann im vorbeiscrollen, halte vielleicht kurz inne und schaue was du so alles postest - gleiches Phänomen wie bei den Autounfall-Gaffern auf Autobahnen, die ja mittlerweile richtigerweise für's Gaffen bestraft werden. Mehr passiert da eigentlich auch nicht.

 

Und nun!?

Ja, das weiß ich auch nicht so genau. Sollte ich dich nun einfach aus meiner Freundesliste entfernen, indem ich dir entfolge (heißt es richtig "dir entfolge" oder "dich entfolge"? . Oder "entfreundet" man sich?) oder willst du das jetzt lieber mit mir tun? Vielleicht lassen wir ja auch alles so wie es ist und gehen in Zukunft einfach weise mit unserer Zeit und unseren Beiträgen um!? Ich bin jedenfalls der Meinung, dass es schon lohnenswert ist, sich einfach mal etwas tiefgründiger mit der Nutzung unserer Social Media Kanäle auseinanderzusetzen. Nach der Veröffentlichung dieses Artikels rechne ich eigentlich mit einer Massenflucht aus meiner Freundesliste. Bei manchem fände ich das sehr schade und traurig - bei anderen wiederum könnte ich es durchaus gut verkraften.

 

Gruppen sind gut!

Zu guter Letzt fällt mir doch noch etwas positives zu Facebook ein. Es gibt ja neben den Seiten, die überwiegend werblichen Charakter haben, auch noch die Gruppen. Hier finde ich es gut, dass sich Interessengemeinschaften bilden können, die in ihrer Gesamtheit stark sind und sich auf ganz spezielle Themen konzentrieren. Da ist er doch, der Mehrwert, den ich bislang vergeblich suchte. Vielleicht sollte ich mich einfach mehr interessenspezifischen Gruppen anschließen um Facebook auch in der Zukunft privat sinnvoller nutzen zu können.

Pluspunkt für Facebook

Cindy hat mir einen weiteren Punkt verraten, der eindeutig für Facebook spricht. Man kann dort mit Menschen, mit denen man einen Teil seines Lebens verbracht hat und die nun über die ganze Welt verstreut leben, die Freundschaft aufrecht erhalten. Das darf man weder unterschlagen noch unterschätzen.

In diesem Sinne "Auf viele sinnstiftende Postings!"

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