Struktureller Leerstand oder das Aussterben der Innenstädte

Katastrophales Ausmaß der Einzelhandelsstruktur in manchen Innenstädten des Hochtaunuskreises

In manchen Innenstädten des Hochtaunuskreises, insbesondere im Hintertaunus, fühlt man sich so, als sei die Lebensader der Stadt irgendwo im Speckgürtel des Rhein-Main Gebietes gekappt worden. Leer stehende Ladenlokale reihen sich an leer stehende Ladenlokale. Was ist da bloß los mit den Innenstädten der beschaulichen Hintertaunus Städtchen?

Den Charme eingebüßt hat sicherlich keine der beschaulichen Städte im Hochtaunuskreis. Mit viel Fachwerk und Blumenschmuck frohlocken diese Städtchen und buhlen um die Aufmerksamkeit und Gunst der Besucher und Kunden. Dennoch schlängeln sich durch viele solcher Orte dicht befahrene Bundes- und Landstraßen, über die auch der Schwerlastverkehr versuchen muss, sein Ziel zu erreichen. Für Fußgänger bleibt dann häufig nur wenig Raum, um gefahrlos von Punkt A nach Punkt B zu gelangen. Alleine im Fußgängerbegegnungsverkehr auf dem Gehsteig, Trottoir oder Bürgersteig - ganz wie man will -  wird es an mancher Stelle schon beängstigend eng, so dass man mit ein paar Schritten auf die Straße ausweichen muss.

 

Auch Stadtfeste und Märkte können nicht über das Sterben der Geschäfte hinwegtäuschen

Manchmal muss man schon mehrmals hinsehen um glauben zu können, dass sich Leerstand an Leerstand reiht. Ganze Straßenzüge scheinen verwaist zu sein. Wo einst blühende Konjunktur herrschte blühen in diesen Tagen Tristesse und vielleicht ein paar Unkräuter neben ungesicherten Stromkabeln und gähnend leeren Schaukästen am Straßenrand - ein wenig einladendes Gesamtbild.

Auch die regelmäßig veranstalteten Märkte oder Stadtfeste können nicht über das Aussterben des Facheinzelhandels in den Innenstädten hinwegtäuschen. Viel zu offensichtlich ist der Leerstand. Prosperierende Städte sehen anders aus und bieten ihren Besuchern auch mehr als "nur" Einkaufsflächen auf der grünen Wiese.

Selbst das unlängst errichtete Fachmarktzentrum an der Usinger Bahnhofsstraße, kann nicht über den fehlenden Facheinzelhandel oder fehlende Flaniermeilen, die zum Bummeln durch Usingens Straßen und Gässchen einladen würden, hinwegtrösten. Städtebaulich in vielerlei Hinsicht wahrscheinlich eher ein abschreckendes Beispiel für Investitionwillige Einzelhändler, sofern diese Usingen überhaupt noch als Gewerbestandort in Erwägung ziehen sollten.

Wenn man den Investitionfreudigen Einzelhändler umwerben will, so muss man die avisierte Zielgruppe auch aktiv in eine Stadt einladen und einbinden, die wegen ihrer Infrastruktur, ihres hübschen Erscheinungsbildes und nicht zuletzt ihrer Kaufkraft überzeugen kann. Tut man dies nicht und unterlässt ein Mindestmaß an notwendigem Werben und Handeln für den Standort, so handelt man grob fahrlässig und motiviert kaufkräftige Kundschaft geradezu sich andernorts zu bedienen, die Ausweichmöglichkeiten sind groß.

Generation Internet und Geiz ist geil

Aber auch der Facheinzelhandel muss sein Geschäftsmodell überdenken. Reichte es vor Jahren noch aus, einfach Präsenz zu zeigen und hin- und wieder in der örtlichen Lokalpresse zu werben, so sind diese Zeiten längst vorbei. Heute heißen die preislichen Konkurrenten Amazon, Google, eBay, Preisvergleichsportale und Webshop. Um sich langfristig auch mit einem lokalen Fachgeschäft positionieren zu können, müssen viele Einzelhändler umdenken. Der Kunde kommt nicht mehr zwangsläufig in das eigene Ladenlokal sondern kauft vielleicht dort, wo er das gleiche Produkt günstiger erhält. Ein Spagat den viele Einzelhändler nur schwer erfüllen können liegt im Preiskampf mit dem Onlinehandel, steigenden Mieten für lokale Ladengeschäfte und gestiegenen Personalkosten.

Einzelhändler die mehrgleisig fahren haben eindeutig Vorteile. Mehrgleisig heißt nicht zwangsläufig ein zusätzliches Online-Geschäftskonzept zu verfolgen, bei dem es auch wieder viele rechtliche Fallstricke geben kann. Mehrgleisig könnte auch bedeuten, dass der Einzelhändler sein Sortiment überdenkt und ergänzt, zusätzliche Serviceleistungen anbietet, die es eben nur "Offline" geben kann und dem Kunden einen echten Mehrwert bietet, den er so nirgendwo online finden kann. Wer dann noch die technischen und fachlichen Voraussetzungen schafft, einen erfolgreichen Onlinehandel "aufzuziehen", der hat schon viel erreicht. Crossmarketing Aktionen lassen sowohl stationären Fachhandel als auch das Onlinegeschäft profitieren. Der Einzelhändler ist wesentlich breiter aufgestellt und kann der ein- oder anderen Konjunkturflaute gelassener begegnen.

Die Grundlagen für das Ladenlokal müssen stimmen

Auch wenn es einem Kampf an vielen Fronten gleichkommt, so müssen in erster Linie die Rahmenbedingungen für das Ladenlokal stimmen. Günstige Mieten, ausreichende Parkmöglichkeiten, viel Platz zum Schlendern und Bummeln, abwechslungsreiche Nachbarschaft und einiges mehr.

Leerstehende Ladenlokale an den gefühlt einhundertsten Friseur, Backshop, Sportsbar oder ein Casino zu vermieten bringt keinen Mehrwert für den Kunden. Möglichst bunt gemischt sollte das städtische Einzelhandelsensemble sein um attraktiv für Kunden und Gäste gleichermaßen zu sein. Wo sind all die Spielwarenfachgeschäfte, die Geschäfte für Bekleidung, die vielleicht auch Sonderartikel führen, nach denen man bei anderen Shops vergeblich sucht? Wo ist die bunte Abwechslung an Geschäften geblieben? Sind die nun alle auf der "grünen Wiese" - nein, dort finden sich vornehmlich große Ladenketten.


Ist es einfach Schicksal, dass ich mich zukünftig mit verödeten und verwaisten Innenstädten abfinden muss oder gelingt der ein- oder anderen Taunusgemeinde hier tatsächlich noch die Kehrtwende?

Wie denkt Ihr darüber? Kommentiert gerne diesen Bericht.

Kommentare

  1. Eindruckvoll sind die Fotos in Ihrem Bericht. Aber auch, wenn man in manchen Innenstädten nicht solche Fotos machen kann, gibt es oft eine andere Art des Ladensterbens zu beobachten: an guten Standorten ersetzen große Ladenketten gewachsene diversifizierte Ladenstrukturen. An schlechten Standorten ist oft die umgekehrte Entwicklung zu finden.

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